Getreidepower aus der Steinzeit: Dinkel
Das Urgetreide
Hildegard von Bingen soll den Dinkel bereits im Mittelalter als “das beste Getreidekorn” bezeichnet haben. Zu Recht, denn der Verwandte des Weizens punktet mit wertvollen Inhaltsstoffen und einem leicht nussigen Geschmack. Und nicht nur das: Dinkel lässt sich auch hervorragend zum Backen verwenden.
Zeitreise
“Der Dinkel ist das beste Getreidekorn, es wirkt wärmend und fettend, ist hochwertig und gelinder als alle anderen Getreidekörner. Wer Dinkel isst, bildet gutes Fleisch. Dinkel führt zu einem rechten Blut, gibt ein aufgelockertes Gemüt und die Gabe des Frohsinns”.
Diese Worte werden der Universalgelehrten Hildegard von Bingen zugeschrieben. In ihrem Werk “Physics” aus dem 12. Jahrhundert hat sie nicht nur dem Weizen, sondern auch seinem kleinen Bruder, dem Dinkel, ein paar schlaue Zeilen gewidmet. Aber schon lange vor dem Dinkel-Lob der Äbtissin kannten die Menschen die Kraft der Getreidesorte. Archäologische Funde beweisen, dass in Osteuropa bereits 6.000 v. Chr. Dinkel angebaut wurde. Wie wir dem Werk Hildegard von Bingens entnehmen können, war das Urgetreide auch im Mittelalter beliebt. Und auch noch im 18. Jahrhundert nahm Dinkel als Handelsgetreide eine wichtige Rolle im Leben der Menschen ein. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass sogar ganze Städte nach dem Getreide benannt wurden. Die Wappen von Dinkelsbühl und Dinkelscherben im Süden Deutschlands zieren bis heute drei Dinkelähren. Im 20. Jahrhundert fand der Hype um den Dinkel ein vorläufiges Ende. Zum einen bescherte sein Verwandter, der Weizen, den Bäuerinnen und Bauern bessere Ernteerträge. Zum anderen war die Dinkelverarbeitung zeitaufwendiger. Das Dinkelkorn ist mit einer zusätzlichen Schutzhülle umgeben. Diese sogenannte Spelzhülle muss vor dem Mahlen durch einen eigenen Schälvorgang entfernt werden. Erst im Laufe der letzten Jahrzehnte erhielt Dinkel wieder die Aufmerksamkeit, die er verdient. Vor allem für die Bio-Landwirtschaft ist Dinkel von großer Bedeutung, da er als robustes, anspruchsloses Getreide gilt.
Backen mit Dinkel
Wegen des hohen Anteils an Gluten besitzt Dinkel sehr gute Backeigenschaften und kann andere Mehlsorten ersetzen. Dennoch solltet ihr beim Backen mit Dinkelmehl ein paar Dinge beachten:
- Teige mit Dinkelmehl dürfen nicht zu lange geknetet werden. Sobald sich der Teig von der Schüssel löst ist er fertig. Wird der Teig zu lange geknetet, beginnt er auf Grund des niedrigeren Kleberanteils extrem zu kleben und lässt sich dadurch schwerer verarbeiten.
- Wenn ihr zum ersten Mal Dinkelmehl ausprobieren wollt, könnt ihr es auch mit Weizenmehl mischen.
- Dinkel schmeckt zwar etwas nussiger als Weizen, grundsätzlich gibt es beim Geschmack aber keinen großen Unterschied.
Dinkel
Dinkel vs. Weizen – Duell der Mehlgiganten
Seit einigen Jahren gibt es ein regelrechtes Duell zwischen Dinkel und Weizen, das mit vielen Vorurteilen belegt ist. Dinkel hat einen riesigen Aufschwung erhalten, nachdem Weizen als Verursacher zahlreicher Beschwerden hingestellt wird. Doch wonach sollte man sich schlussendlich richten?
Hier einige Fakten:
Herkunft:
Weizen und Dinkel sind eng miteinander verwandt: Dinkel gehört zu den Weizenarten. Innerhalb der Weizenfamilie gibt es drei Abstammungslinien: die Einkorn-, Emmer- und die Dinkelreihe.
Einteilung:
Man teilt das Getreide in Nackt- und Spelzgetreide. Zu den Nacktgetreiden gehören Hart- und Weichweizen, Kamut und Roggen. Dinkel gehört – genauso wie Einkorn, Emmer und Gerste – zu den Spelzgetreiden. Das Korn muss also von der Hülle – dem Spelz – getrennt werden, bevor es weiterverarbeitet werden kann. Der Spelz gilt als guter Schutz vor Schädlingen und diversen Umwelteinflüssen und macht das Getreide in der Hülle besonders widerstandsfähig.
Bio-Variante:
Weizen wurde über Jahre viel mehr verändert und spricht sehr gut auf Kunstdünger an. Daher gibt es ihn nur mehr selten in der ursprünglichen Variante. Dinkel hingegen ist nicht anfällig für chemische Düngemittel. Es gibt ihn also noch in ursprünglicherer Vollkornform. Genau aus jenem Grund eignet er sich perfekt für die Bio-Landwirtschaft. Außerdem ist der Dinkel sehr robust, wächst auch in größeren Höhen und ist besonders wetterbeständig.
Gluten:
Wer Gluten nicht verträgt, sollte weder Weizen noch Dinkel zu sich nehmen. Dinkel enthält sogar mehr Gluten als Weizen. Dinkel gehört zu den Mehlweizensorten, genauso wie Einkorn und Weichweizen. Daher ist er – aufgrund der guten Backeigenschaften – auch besonders gut zum Brotbacken geeignet. Dinkelbrot wird allerdings etwas schneller trocken als Weizenbrot.
Ernte:
Weizen zu ernten funktioniert leichter als Dinkel zu gewinnen und ist auch viel ertragreicher. Während die Dinkelkörner aufwändiger aus dem Spelz gelöst werden müssen, fallen die Weizenkörner leichter heraus. So kann es passieren, dass Dinkel bei der Ernte verletzt wird.
Vitalstoffe:
Dinkel hat mehr essentielle Aminosäuren als Weizen zu bieten und auch etwas mehr Mineralstoffe und Vitamine. Die Unterschiede sind zwar nicht enorm, sollten aber schon erwähnt werden. Auch Kieselsäure findet sich in höherem Gehalt im Dinkel, die sich gut auf Haut und Haare auswirkt. Sogar über mehr Vitamine (z.B. B1, B2, B3 und B6) verfügt der Dinkel.
Insgesamt ist die Tendenz also klar. Dinkel ist etwas besser als Weizen aufgestellt. Aber auch hier: Auf die richtige Mischung kommt es an. Immer nur dieselbe Getreideart zu essen, ist nicht unbedingt förderlich. Deswegen wird in der Vollwertkost gerne von ausgewogener Ernährung gesprochen. Es sollte also abwechslungsreich gegessen werden, denn einseitige Kost ist niemals optimal